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Schnitzelbeat Vol. 3

TRACKLIST

Schnit­zel­beat Vol. 3
READY FOR TAKE OFF
For­got­ten Psy­che­de­lic, Flower Power and Pro­to-Punk arte­facts from Aus­tria
1967–1973

Pro­du­ced by Trash Rock Archi­ves. Com­pi­led by Al Bird Sput­nik. Remas­te­ring by Mat­thi­as Kast­ner. Art­work by Bern­hard Fuchs.

16 Song-LP out on Diga­to­ne // 20-Song-CD out on Kon­kord.

LINER NOTES

Ready for Take-Off?

Die Psy­che­de­lik kam mit dem Flug­zeug nach Öster­reich. Im Okto­ber 1966 über­reich­te eine Ste­war­dess den Mit­glie­dern der Kärnt­ner Band The Beat­niks vor ver­sam­mel­ter Pres­se ein Instru­ment, das sie am Vor­tag am ande­ren Ende der Welt ein­ge­kauft und nach Wien ein­ge­flo­gen hat­te: Eine Sitar. Durch Pro­duk­tio­nen der Beat­les, Rol­ling Stones und Byrds welt­be­rühmt gewor­den, stand die indi­sche Lang­hals­lau­te zu jener Zeit sinn­bild­lich für die Expe­ri­men­tier­freu­dig­keit in der zeit­ge­nös­si­schen Rock­mu­sik. Die Beat­niks pro­bier­ten das Musik­ge­rät aus und schu­fen wenig spä­ter das Instru­men­tal „Fern­ost“, das in der Retro­spek­ti­ve als ers­te ernst­haf­te Annä­he­rung der Alpen­re­pu­blik an Sgt. Pep­per und Haight Ash­bu­ry gewer­tet wer­den kann. Offen­bar war die Zeit reif für etwas Neu­es, selbst wenn – der öster­rei­chi­schen Gemüt­lich­keit ent­spre­chend – die Din­ge hier­zu­lan­de nur sel­ten über­has­tet wur­den.

Hei­mi­sche Bands der 1960er-Jah­re, die in ihrem Song­wri­ting zeit­geis­ti­ge Under­ground-Moti­ve der US-ame­ri­ka­ni­schen oder bri­ti­schen Pop­kul­tur auf­grif­fen, abs­tra­hier­ten im betref­fen­den Zeit­raum ihre Bot­schaf­ten noch weit­ge­hend und schie­nen – womög­lich im Sin­ne der Kon­kur­renz­fä­hig­keit – die eige­ne geo­gra­phi­sche Her­kunft camou­flie­ren zu wol­len: Flower Power als öster­rei­chi­sche Sozi­al­uto­pie, wie etwa die Ton­bei­spie­le „Sal­ly Mac­Gre­gor“ (Jack Grun­sky), „Yes I see“ (Les Sabres) und „Silence on the Shore“ (Les Mar­quis) nahe­le­gen. Und so lag auch der Pro­test gegen die mili­tä­ri­schen Aus­lands­ein­sät­ze der USA manch­mal näher als die Aus­ein­an­der­set­zung mit The­men der hei­mi­schen Innen­po­li­tik. Gleich drei Auf­nah­men auf die­ser Zusam­men­stel­lung beschäf­ti­gen sich mit dem Krieg und neh­men – aller Wahr­schein­lich­keit nach – Viet­nam zum Anlass: „War“ (May­be Hair), „War Histo­ry“ (The Cop Stigh) und „Stop this War“ (The Seals).

Neben Beat und Psy­che­de­lic Rock erfreu­te sich unter öster­rei­chi­schen Teen­agern auch das Folk-Gen­re größ­ter Beliebt­heit, des­sen Bedeu­tung im Ent­ste­hungs­pro­zess einer eigen­stän­di­gen Pop­kul­tur häu­fig ver­kannt wird. Unter der Beschlag­wor­tung „Grü­ne Wel­le“ im Zeit­raum 1966/67 syn­ony­mi­siert und von einer gleich­na­mi­gen ORF-Radio­sen­dung mas­sen­wirk­sam ver­stärkt, wur­den zeit­wei­se ver­schie­dens­te musi­ka­li­sche Stil­rich­tun­gen erfasst, die sich ihrer­seits auf tra­di­tio­nel­le US-ame­ri­ka­ni­sche oder bri­ti­sche Volks­mu­sik berie­fen: Blues, Skiff­le, Blue­grass, Coun­try, Arbei­ter­lie­der und letzt­lich Folk Rock. Gen­res, deren jewei­li­gen Ursprün­ge wie auch die zugrun­de­lie­gen­den Ideo­lo­gien stark diver­gier­ten, aber in öster­rei­chi­schen Jugend­clubs und Under­ground-Knei­pen der spä­ten 60er-Jah­re das glei­che Publi­kum fan­den. In Wien brach­te die­se klei­ne, aber vita­le Sze­ne im betref­fen­den Zeit­raum erfolg­rei­che Bands wie Jack’s Angels, The Worried Man Skiff­le Group oder The Mile­sto­nes her­vor. In der Stei­er­mark waren es etwa The Inter­na­tio­nal Tra­vel­lers und Water­loo & Robin­son. Auch die hei­mi­sche Sin­ger-Song­wri­ter-Bewe­gung, die eini­ge Jah­re spä­ter im Zuge der soge­nann­ten „Dia­lekt­wel­le“ einen Höhen­flug erle­ben wür­de, hat­te im Wesent­li­chen ihren Ursprung in die­ser „Grü­nen Wel­le“.

Das Jugend­ra­dio Ö3 ging am 1. Okto­ber 1967 auf Sen­dung und brach­te fri­schen Wind und eine Bri­se Hip­pie-Zeit­geist in den Äther. Und selbst wenn urba­ne Hips­ter und weit­ge­reis­te Bohe­mi­ens das Pro­gramm wohl als pro­vin­zi­el­len Abklatsch von Radio Luxem­bourg belä­chel­ten, ging mit der Inbe­trieb­nah­me eines eige­nen öster­rei­chi­schen Pop-Kanals eine deut­li­che Qua­li­täts­stei­ge­rung der Infra­struk­tur für Teen­ager ein­her: Zum einen durch die Sicht­bar­ma­chung und Ver­net­zung klei­ner Sub­kul­tu­ren und Nischen loka­ler Jugend­kul­tur und ande­rer­seits als ein Fens­ter zur Welt. Beat‑, Psy­che­de­lic Rock‑, Folk- und Soul-Num­mern aus den UK- und US-Charts stan­den nun zur bes­ten Sen­de­zeit im Mit­tel­punkt des Inter­es­ses und wur­den von den ver­ant­wort­li­chen Redak­teu­rIn­nen tat­säch­lich ernst­ge­nom­men, anstatt im regio­na­len Nacht­pro­gramm ver­steckt, rela­ti­viert und bespöt­telt zu wer­den. Hei­mi­sche Beat-Recor­ding Artists, die es in die Rota­ti­on der ers­ten Ö3-Pha­se schaff­ten, waren die kom­mer­zi­ell ori­en­tier­ten For­ma­tio­nen The Hub­bubs, The Sirs, The Mimes und The Bushi­dos und im Zeit­raum 1968/69 auch erst­mals expe­ri­men­tel­le Psy­che­de­lic Rock-Acts wie Hide & Seek, The Charles Ryders Cor­po­ra­ti­on und Novaks Kapel­le. Kurz­um: Gemes­sen an den ekla­tan­ten Ver­säum­nis­sen in Sachen loka­ler Jugend­för­de­rung der vor­an­ge­gan­ge­nen Jah­re konn­te einem das Ö3-Pro­gramm der ers­ten Pha­se schon wie der Inbe­griff von Pro­gres­si­vi­tät erschei­nen.

Die Schnit­zel­beat-Jah­re fie­len in eine Zeit des gesell­schaft­li­chen Wan­dels, in der sich die Jugend in Pro­zes­se und Wirk­stät­ten ein­zu­klin­ken ver­moch­te, die ihnen zuvor noch weit­ge­hend vor­ent­hal­ten waren. Ins­be­son­de­re in der Kunst- und Kul­tur­pro­duk­ti­on waren die Spu­ren nicht zu über­se­hen. Doch so sehr der par­ti­zi­pa­ti­ve Cha­rak­ter die­ser Ära auch an eta­blier­ten Struk­tu­ren rüt­tel­te, war offen­bar noch nicht die Zeit gekom­men, um alt­her­ge­brach­te Geschlech­ter­rol­len zu über­win­den. So waren es in fast allen doku­men­tier­ten Fäl­len Bur­schen die Beat-Bands grün­de­ten, Kon­zer­te spiel­ten oder auf Tour gin­gen – und auch häu­fig aus ihrem Bestre­ben kei­nen Hehl mach­ten, als Mit­glied einer Tanz­for­ma­ti­on bei der Part­ne­rin­nen­su­che punk­ten zu kön­nen. Gleich­alt­ri­ge Mäd­chen, die ihrer­seits Lust hat­ten Beat-Musik zu machen, gelang­ten ungleich sel­te­ner ins Ram­pen­licht. Öster­rei­chi­sche All-Girl-Bands der 1960er-Jah­re wie etwa The Rosée Sis­ters (Wien), The Suns­hi­ne Girls (Nie­der­ös­ter­reich) oder The Girls (Tirol) fan­den zwar in Form sen­sa­ti­ons­träch­ti­ger Zei­tungs­schlag­zei­len Ein­gang in die media­le Öffent­lich­keit, blie­ben aber zumeist ohne ech­te Kar­rie­re­hö­he­punk­te oder reprä­sen­ta­ti­ve Ton­trä­ger­ver­öf­fent­li­chun­gen.

1968: Was in der west­li­chen Welt häu­fig als Sinn­bild einer gesamt­ge­sell­schaft­li­chen Auf­bruch­stim­mung und als Dreh- und Angel­punkt etli­cher par­ti­zi­pa­ti­ver und eman­zi­pa­to­ri­scher Ent­wick­lun­gen ver­or­tet wird, nahm in Öster­reich – einem zutiefst wert­kon­ser­va­ti­ven Land ohne aus­ge­präg­te Pro­test- oder Demons­tra­ti­ons­kul­tur – einen beschau­li­chen und weit­ge­hend aty­pi­schen Ver­lauf. Kri­ti­sche Stim­men, die auf Gehör stie­ßen, kamen sel­ten aus der Zivil­be­völ­ke­rung oder der Stu­den­tIn­nen­schaft, son­dern eher von den Thea­ter­büh­nen des Lan­des („Magic After­noon“), aus der Lite­ra­tur („Publi­kums­be­schimp­fung“) oder der Avant­gar­de („Kunst und Revo­lu­ti­on“). Die­se und art­ver­wand­te künst­le­ri­sche Posi­tio­nie­run­gen, die heu­te das schmei­chel­haf­te Image von Öster­reich als welt­of­fe­ne Kul­tur­na­ti­on prä­gen, waren von den betref­fen­den Akteu­rIn­nen indes hart erkämpft und stan­den stets in Oppo­si­ti­on zu einem sen­sa­ti­ons­lüs­ter­nen Bou­le­vard, des­sen Spiel mit der öster­rei­chi­schen Volks­wut das täg­li­che Geschäft befeu­er­te. In ein der­ar­ti­ges Span­nungs­feld fiel auch die Grün­dung der Wie­ner Psy­che­de­lic Rock-Band Novaks Kapel­le, die im Zeit­raum 1967/68 mit einer Büh­nen­show des Anti-Enter­tain­ments auf sich auf­merk­sam mach­te. In sei­ner Kon­zep­ti­on reagier­te sich das Quar­tett nicht nur an der grau­en Ein­öde der öster­rei­chi­schen Nach­kriegs­ge­sell­schaft ab, son­dern rich­te­te sich – kon­se­quen­ter­wei­se – auch gegen das eige­ne, stu­den­ti­sche Hip­pie-Publi­kum, denn „im Grun­de muss­te man den Lang­haa­ri­gen genau­so mit dem Oasch ins Gesicht fah­ren, wie den Alten“, wie Front­mann Wal­la Mau­ritz in einem Gespräch mit den Trash Rock Archi­ves attes­tiert.

Am 22. Jän­ner 1969 trat The Jimi Hen­drix Expe­ri­ence im Wie­ner Kon­zert­haus bei der Ver­an­stal­tungs­rei­he „Stim­men der Welt“ auf. Zeit­zeu­gIn­nen erin­nern sich an chao­ti­sche Zustän­de, die den Abend beglei­te­ten. Ein beacht­li­ches Poli­zei­auf­ge­bot vor der Hal­le bewach­te ein sicht­lich irri­tier­tes Publi­kum im Saal, das die hohe Laut­stär­ke nicht erwar­tet hat­te und sich auch kei­nen Reim auf den expe­ri­men­tel­len Cha­rak­ter der Büh­nen­per­for­mance machen konn­te, mit der Hen­drix sei­ne eige­nen Hits in Impro­vi­sa­tio­nen über­führ­te und bis zur Unkennt­lich­keit ver­stüm­mel­te. Man­che Besu­che­rIn­nen hiel­ten sich gar die Ohren zu oder ver­lie­ßen das Kon­zert wie­der flucht­ar­tig. Hat­te die Band ver­ges­sen zu pro­ben? Und muss­te Hen­drix denn wirk­lich so laut und so freispie­len? Am Tag dar­auf sezier­ten öster­rei­chi­sche Tages­zei­tun­gen das gebo­te­ne Spek­ta­kel genuss­voll als Unter­gang der west­li­chen Zivi­li­sa­ti­on: „Jetzt wis­sen wir also, wer Jimi Hen­drix ist, und kön­nen sagen: Die­se Bekannt­schaft ist ent­behr­lich. Das Wie­ner Publi­kum ist in Musik­din­gen doch sehr anspruchs­voll und blieb reser­viert. Wie immer man die­se Art von Geräusch­pro­duk­ti­on nen­nen mag: sie gehört dort­hin, wo sie her­kommt, in den Under­ground“ (Kurier, 23.01.1969).

Under­ground: Ein gutes Stich­wort. Ent­wick­lun­gen der zeit­ge­nös­si­schen Rock­mu­sik fan­den auch auf hei­mi­schen Büh­nen Reso­nanz und wur­den in eini­gen Fäl­len auf Ton­trä­gern für die Nach­welt kon­ser­viert. Der Ein­fluss von Creams „Dis­rae­li Gears“ lässt sich etwa im Gitar­ren­sound der Wie­ner Band Expi­ra­ti­on her­aus­hö­ren. Und die Mit­glie­der der V‑Rangers gin­gen in die Freak­beat-Schu­le bri­ti­scher Sze­ne-Bands, wie etwa „Make Love“ ver­an­schau­licht. The Hush aus Linz stan­den unter dem Ein­fluss von King Krims­on und die Seals aus Wien waren sogar auf dem Mon­ks-Trip, einer Band, die sei­ner­zeit kaum jemand in Öster­reich kann­te. Inter­views mit Musi­ke­rIn­nen und Zeit­zeu­gIn­nen ver­deut­li­chen eben­so den hohen Zufalls­fak­tor, der Ent­schei­dun­gen bezüg­lich des Reper­toires beein­fluss­te. Manch­mal ent­stan­den Cover­ver­sio­nen von Songs, die ein Band­mit­glied aus dem Radio auf­ge­nom­men hat­te, aller­dings ohne beglei­ten­de Pro­gramm­in­for­ma­tio­nen, sodass sich nicht mehr zwei­fels­frei eru­ie­ren ließ, wer die Urhe­be­rIn­nen der betref­fen­den Stü­cke waren. In ande­ren Fäl­len war es eine Plat­te aus der Abver­kauf­s­kis­te eines Elek­tro­la­dens, die ursprüng­lich nur auf­grund des Cover-Art­works gekauft wor­den war, aber den wei­te­ren Wer­de­gang einer Band ent­schei­dend prä­gen wür­de.

Die Aus­ein­an­der­set­zung mit den spä­ten 1960ern in Öster­reich beför­dert zudem eine Viel­zahl unter­schied­li­cher Ansät­ze, wie auch eine ver­blüf­fen­de Asyn­chro­ni­tät musi­ka­li­scher Ent­wick­lun­gen zu Tage: Ging es in den jewei­li­gen Sze­nen bei ein­schlä­gi­gen Under­ground-Par­ties heiß zur Sache, wur­de auf den gro­ßen Büh­nen des Lan­des zeit­gleich noch zu aal­glat­ten Show­man-Com­bos in adret­ter Abend­gar­de­ro­be getanzt. Im Fern­seh­pro­gramm des ORF war es ganz ähn­lich: Ger­hard Bron­ner mach­te sich in sei­ner Sati­re-Show „Zeit­ven­til“ über die Hip­pies und ihre Beat-Musik lus­tig, wäh­rend – im Nacht­pro­gramm des­sel­ben Sen­ders – Aus­schnit­te aus einer Live-Show der Rol­ling Stones gezeigt wur­den. Der­ar­ti­ge Wider­sprü­che irri­tie­ren auf den ers­ten Blick, schei­nen – bei ein­ge­hen­der Beschäf­ti­gung mit der The­ma­tik – aber als inte­gra­ler Bestand­teil in die DNA öster­rei­chi­scher Musik­ge­schich­te ein­ge­schrie­ben zu sein. Und oft­mals erreich­ten Phä­no­me­ne der zeit­ge­nös­si­schen Pop­kul­tur auch erst als Ver­ball­hor­nun­gen oder Per­si­fla­gen die hei­mi­sche Musik­pro­duk­ti­on. Man den­ke nur an „Blue-Jean-Jack“ von Dolf Kau­er, „Wir“ von Fred­dy Quinn, „Rausch­gift-Time“ der 3 Spitz­bu­ben oder das umwer­fen­de „Blu­men im Haar“ der Cas­ting­band The Wall­flowers.

Ab den spä­ten 1960er-Jah­ren mehr­ten sich Initia­ti­ven im Zei­chen des Auf­bruchs, die sich ganz dezi­diert einem jün­ge­ren Publi­kum wid­me­ten. Quer durch alle neun Bun­des­län­der ent­stan­den unab­hän­gi­ge Labels, Fan­zines, Jugend­clubs und soge­nann­te „Dancings”, wie Dis­ko­the­ken damals noch genannt wur­den. Erst­mals fan­den auch Fes­ti­vals statt, bei denen pro­gres­si­ve oder expe­ri­men­tel­le Nischen­mu­sik im Mit­tel­punkt des Inter­es­ses stand. Um nur die bekann­tes­ten zu nen­nen: Flint in Kob­lach (Vor­arl­berg, 4.–5. Juli 1970), das Pop­fes­ti­val Pop­pen­dorf (Stei­er­mark, 29. Mai 1971) oder das vom Jazz­pia­nis­ten Fried­rich Gul­da initi­ier­te Inter­na­tio­na­le Musik­fo­rum Ossi­ach (Kärn­ten) das im Zeit­raum 1968 bis 1971 statt­fand und in des­sen Rah­men die bri­ti­schen Psy­che­de­lic Rock-Pio­nie­re Pink Floyd am 1. Juli 1971 zum ers­ten Mal auf einer öster­rei­chi­schen Büh­ne stan­den. Sehr zum Miss­fal­len der orts­an­säs­si­gen Bevöl­ke­rung, die sich über den Lärm, zer­tram­pel­te Vor­gär­ten und das unzu­mut­ba­re Aus­se­hen der Kon­zert­be­su­che­rIn­nen echauf­fier­te, ström­ten jugend­li­che Fans aus ganz Euro­pa in das klei­ne Ossi­ach und brach­ten an jenem Tag einen Fun­ken Wood­stock ins Alpen­land.

In den frü­hen 1970er-Jah­ren hat­te die Hip­pie-The­ma­tik eine brei­te media­le Prä­senz ent­wi­ckelt und fand auch immer wie­der Ein­gang in öster­rei­chi­sche Kino- und TV-Pro­duk­tio­nen der Ära. Wäh­rend in zahl­rei­chen Fäl­len noch effekt­ha­sche­ri­sche Zugän­ge zu zeit­ge­nös­si­schen Jugend­kul­tu­ren gewählt wur­den, die sich in der Tra­di­ti­on von Sex-and-Crime und Bou­le­vard ver­or­ten lie­ßen – Stich­wort: Gamm­ler-Look, LSD-Par­ties, Mini-Mäd­chen – , ent­stan­den in eini­gen Fäl­len auch rich­tig gute Fil­me, die die Ent­wick­lun­gen der jewei­li­gen Pop- und Sub­kul­tu­ren gekonnt zu reflek­tie­ren ver­moch­ten. In die­sem Zusam­men­hang nen­nens­wert: „Die ers­ten Tage“ (1971/ Regie: Her­bert Hol­ba), ein wasch­ech­ter Under­ground-Film mit düs­te­ren Kom­mu­nen-Vibes und Musik der Wie­ner Psy­che­de­lic Rock-Band Pater­nos­ter sowie „Trip“ (1971 / Regie: Jörg Eggers), ein expe­ri­men­tel­les Hip­pie-Musi­cal mit Musik der Fat­ty Geor­ge Crew, das der ORF nur ein ein­zi­ges Mal aus­strahl­te, bevor der kon­tro­ver­se Strei­fen auf Nim­mer­wie­der­se­hen in den haus­ei­ge­nen Archi­ven ver­schwand. 1972 wur­de bei den Wie­ner Fest­wo­chen sogar ein Büh­nen­stück prä­sen­tiert, das sich als öster­rei­chi­scher Gegen­ent­wurf zu „Hair“ und „Jesus Christ Super­star“ posi­tio­nier­te: „Goril­la Goril­la“. Da der kom­mer­zi­el­le Erfolg – natur­ge­mäß – aus­blieb, geriet die viel­ver­spre­chen­de Pro­duk­ti­on bald wie­der in Ver­ges­sen­heit.

Doch zurück zum Schnit­zel­beat: In all sei­ner Ambi­va­lenz, chan­gie­rend zwi­schen Kom­merz und Sub­kul­tur und in sei­nen Wesens­zü­gen inter­na­tio­na­len Ent­wick­lun­gen stets ein bis zwei Jah­re hin­ter­her, gab es mit Beginn der 1970er-Jah­re wohl kein zeit­ge­nös­si­sches Pop-Gen­re mehr, mit dem nicht auch schon in öster­rei­chi­schen Auf­nah­me­stu­di­os expe­ri­men­tiert wor­den wäre. Die Resul­ta­te die­ser Bemü­hun­gen waren frei­lich viel­fäl­tig – bahn­bre­chen­de Wun­der­din­ge inklu­si­ve, wie etwa die schwe­re­lo­se Titel­num­mer die­ser Com­pi­la­ti­on ein­drucks­voll dar­legt. Und wie auch immer Folk Rock‑, Psy­che­de­lic- oder Pro­gres­si­ve Rock-Pro­duk­tio­nen in den USA oder Eng­land geklun­gen haben moch­ten, in Öster­reich hör­te sich die gan­ze Sache dann eben so an – und das gar nicht mal schlecht. Also okay: Wie­der rein ins Flug­zeug, hin­set­zen, Gurt anle­gen und die Sekun­den run­ter­zäh­len, bis wir bemer­ken, dass sich die Sitar in unse­rem Hand­ge­päck uner­klär­li­cher­wei­se in eine Zither ver­wan­delt hat. 10, 9, 8, 7, … Are you rea­dy for take-off?

Zum Geleit

Seit dem Erschei­nen von „Schnit­zel­beat Volu­me 1“ vor zehn Jah­ren hat die öffent­li­che Aus­ein­an­der­set­zung mit öster­rei­chi­scher Musik­ge­schich­te an Fahrt auf­ge­nom­men – und an Qua­li­tät gewon­nen: Etli­che Aus­stel­lun­gen wur­den kura­tiert, Radio- und TV-Sen­dun­gen pro­du­ziert, Bücher sind publi­ziert und zahl­rei­che Reis­sues ver­öf­fent­licht wor­den. Der Hype trägt aber mit­un­ter auch skur­ri­le Früch­te, etwa wenn hei­mi­sche Jour­na­lis­tIn­nen, die über die Lei­den­schaft für öster­rei­chi­sche Pop­ge­schich­te noch vor weni­gen Jah­ren die Nase gerümpft haben, sich als Ken­ne­rIn­nen der The­ma­tik posi­tio­nie­ren wol­len. Oder wenn AutorIn­nen auf Trash Rock Archi­ves-For­schungs­er­geb­nis­se zurück­grei­fen oder gar gan­ze Pas­sa­gen aus „Schnitzelbeat“-Texte über­neh­men ohne dabei die Quel­len zu nen­nen.

Daher beson­de­ren Dank an all jene, die aus unse­ren Publi­ka­tio­nen kor­rekt zitiert haben. Dan­ke auch an alle, die unse­re Arbeit in den letz­ten Jah­ren unter­stützt haben und einer dis­kur­si­ven Aus­ein­an­der­set­zung mit öster­rei­chi­scher Musik­ge­schich­te auf­ge­schlos­sen begeg­net sind. Und Shou­touts an alle Homies, Beat­niks und Hips­ter, die damit auf­ge­hört haben – oder irgend­wann damit auf­hö­ren wer­den – die unsin­ni­ge Pseu­do-Gen­re­bezeich­nung „Aus­tro­pop“ in ihrem Sprach­schatz zu füh­ren.